Schön krass – krass schön: Wanderrudertour Niederlande, April 2024

 

von Günter Löffelmann

Preisfrage: Wie kriegt man einen gesteuerten Vierer wieder flott, den der Wind in den Schilfsaum des Kanalufers gedrückt hat? Beziehungsweise: Kriegt man ihn ÜBERHAUPT wieder flott, wenn dieser Wind mit 6-8 Beaufort von der Seite heranbraust? In dieser Situation befand sich unser Boot am ersten Tourtag nach rund der Hälfte der zu rudernden Strecke. Bis dahin war trotz etwas widriger Wetterverhältnisse alles nach Plan gelaufen.

In den Blumenfeldern bei Hillegom - und immer schön die Mütze festhalten

Lost in Holland

Wir waren am späten Vormittag mit drei Booten von der Koninklijke Roei- en Zeilvereniging Het Spaarne in Haarlem gestartet, bei Schauerwetter, niedrigen Temperaturen und auffrischendem Wind. Zunächst ruderten wir durch die Altstadt von Haarlem, später südlich aus der Stadt heraus durch die Blumenfelder, nach denen die Tour benannt ist („Bollentocht“).

Vereinsgelände Het Spaarne

Vereinsgelände Het Spaarne

Anders als in der Stadt waren wir dort dem auffrischenden Wind schutzlos ausgeliefert und hatten reichlich zu tun, um die Boote in den schmalen Wasserstraßen auf Kurs zu halten. Irgendwann verloren wir dann auch noch das MRSV- Navigatorboot aus den Augen, verfuhren uns in dem Kanalgewirr und bildeten schließlich mit dem dritten MRSV-Boot die Schlusslichter der Ruderbootkolonne.

Vollständig lautete die eingangs gestellte Frage also: Wie raus aus dem Gemüse und wie danach weiter?

Erfolgreiches Noviziat

Der Antwort erster Teil: Wer immer mit seinen Skulls festen Grund zu fassen kriegte, versuchte das Boot abzustoßen und den Bug in den Wind zu drehen. Sobald das halbwegs gelungen war, musste zunächst die 1 ran. In unserem Boot war das Maja, und sie zeigte – Respekt, Respekt – auf ihrer ersten Wanderrudertour einen löblichen Einsatz, ganz ohne Klagen (ein Eignungstest für weitere Touren, den erfreulicherweise alle Wanderruder-Novizinnen und -Novizen erbrachten).

Der Antwort zweiter Teil: Orientierung verschafften Google Maps sowie die telefonische Unterstützung von Chefnavigator Marc. Der war gleich richtig abgebogen und saß zu diesem Zeitpunkt schon in der Brauerei ‚Klein Duimpje‘, die wir zur Pause anlaufen wollten.

Erzwungener Tourabbruch

Der Rest ist schnell erzählt: Erst einmal befreit und schließlich im richtigen Kanal, waren wir plötzlich auf Vorwindkurs und schossen mit sensationeller Geschwindigkeit unserem Ziel entgegen, sodass schließlich auch wir festmachen und uns in der Brauerei aufwärmen konnten.

Die letzte Frage an diesem Tag: Kann man angesichts dieser Bedingungen dieselbe Distanz (20 km) wieder zurückfahren? Der Veranstalter beantwortete sie mit ‚Nein‘, und es ist davon auszugehen, dass die meisten dies mit einer gewissen Erleichterung aufnahmen. Jedenfalls konnten wir uns dann auch durch die Biersorten von Klein Duimpje hindurchprobieren.

In der Brauerei Klein Duimpje

In der Brauerei Klein Duimpje

Drei Rudertage, drei Reviere

Frischer bis stürmischer Wind, niedrige Temperaturen und launisches Wetter, das waren die Konstanten auf der dreitägigen MRSV-Rudertour in den Niederlanden. Zwei Tage wurden von Het Spaarne in Haarlem und der Roeivereniging Rijnland in Leiden im organisiert, das Feld umfasste 114 Ruderinnen und Ruderer aus mehreren Ländern. Am Tag 1stand der eingangs beschriebene Ausflug an, am Tag 2 ging es durch die Grachten von Leiden. Einen dritten Rudertag hatten wir uns mit Unterstützung der Roeivereniging RIC in Amsterdam selbst organisiert. Dieser Ausflug führte uns gesteuert von RIC-Leuten durch die Innenstadt Amsterdams.

Was wir mitnehmen

Haarlem, Leiden und Amsterdam bieten wunderschöne Altstädte zum durchrudern. Die Grachten verlaufen entlang vieler Sehenswürdigkeiten, in Leiden gibt es auch immer wieder Grünflächen zum Anlanden.

Gut zu wissen: Die Grachten sind häufig eng und unterqueren zahlreiche, teils recht niedrige Brücken. Darüber hinaus herrscht vor allem in Amsterdam reger Ausflugsverkehr, sodass Steuerleute und Mannschaften wirklich viel zu tun haben; in unserem Fall kamen die Böen erschwerend hinzu. Alle Nase lang hieß es stoppen, streichen, wenden oder die Ruder längs nehmen. Klar, dass man auf diese Weise keine spektakulären Schnitte herausfährt. So dauerte beispielsweise die 14-Kilometer-Tour durch Amsterdam inklusive einiger weniger Trink- und Verschnaufpausen gute vier Stunden.

Schöne Erinnerungen verbinden wir auch mit den Begegnungen in den Clubs. Wir wurden dort sehr freundlich aufgenommen und fühlten uns reizend betreut, das Catering im Rahmen der Blumenzwiebeltour war wunderbar. Die tollen Lagen der Clubs, insbesondere von RIC Amsterdam, taten ein Übriges, um sich wohl zu fühlen.

Zu guter Letzt bieten alle drei Städte natürlich auch jenseits des Rudersports jede Menge Attraktivitäten, und die Küste ist nur einen Katzensprung entfernt

Fazit

Das Dreieck Haarlem-Leiden-Amsterdam ist ein wunderbares Ziel für Fans des Rudersports, und die dortigen Clubs pflegen eine angenehme Willkommenskultur – ein herzliches Dankeschön unseren Kontakten.

Wir hatten Haarlem als ‚Basislager‘ gewählt, was sich aus meiner Sicht bewährt hat. Sowohl nach Leiden, als auch nach Amsterdam gibt es gute Zugverbindungen, zu den Clubs in Leiden und Haarlem braucht man aber dann noch Taxis oder die Dienstleistungen von Bolt oder Uber. Eine gemeinsame Unterkunft ließ sich leider nicht finden, unsere Woche galt wegen der Blumenblüte und Blumencorsi in mehreren Städten als Hochsaison.

Einen herzlichen Dank auch an die Gruppe, Ihr wart großartig – jederzeit wieder.

 

Reisezeit

Anreise: 18. April 2024

Rudertage: 19. bis 21. April 2024

 

Die Clubs

Het Spaarne Haarlem: www.hetspaarne.nl

RV Rijnland Leiden: www.rvrijnland.nl

RIC Amsterdam: www.ricamsterdam.nl

 

Die Touren

Blumenzwiebel-Tour Haarlem und Leiden City: Kosten für die beiden Tage 80 € pro Person (Bootsmiete und Verpflegung sowie ein Club-Dinner)

  • Het Spaarne - Haarlem - Hillegom: 20 km (Rückfahrt wurde abgebrochen)
  • RV Rijnland – Leiden – RV Rijnland: 20 km

RIC – Amsterdam - RIC: 14 km (Bootsmiete 35 € pro Boot, in diesem Fall so genannte Wherrys)